Loslassen- mit offenem Herzen
- DanielaHimmel
- 18. Mai
- 2 Min. Lesezeit

Irgendwo in Neuengland. Ich sitze am Strand- ein Becher frisch gerösteter Kaffee in meinen Händen. Die salzige Luft füllt meine Lungen, der Wind streicht mir durchs Haar, das Rauschen des Ozeans mischt sich mit den Rufen der Möwen.
Vor mir, in der Weite des Sandes, beobachte ich meinen Mann und unsere Tochter. Sie bücken sich, lachen,
sammeln Muscheln- versunken in ihr gemeinsames Tun. Ich sehe ihre Freude, höre aber nicht, was sie sagen. Und vielleicht ist das genau richtig so.
Unsere Tochter ist gerade erwachsen geworden. Seit einigen Monaten lebt sie als Au-pair in den Vereinigten Staaten. Selbstständig, mutig, mit dem Blick nach vorn. Für sie beginnt ein neues Kapitel- und für mich, ganz leise, auch.
Loslassen- ein innerer Weg
Ich freue mich unendlich sie wiederzusehen. Und gleichzeitig spüre ich, dass ich mitten in einem Abschiedsprozess bin. Nicht dramatisch, aber tief. Unsere Tochter ist auf dem Weg in ihr eigenes Leben- und ich darf lernen, loszulassen.
Als psychosoziale Beraterin weiß ich: dieser Übergang gehört zum natürlichen Entwicklungsprozess. Das „Empty Nest“, wie man es nennt, ist für viele Eltern eine emotionale Herausforderung. Wir verlieren nicht unsere Kinder- aber die Form unserer Beziehung verändert sich. Aus Nähe wird Distanz, aus Führung wird Vertrauen, aus Fürsorge wird Begleitung.
Das Loslassen ist dabei kein Moment, sondern ein Prozess. Es passiert schrittweise- mit jedem Flugticket, jedem selbst gekochten Abendessen in der Ferne, jeder -Entscheidung, die sie ohne uns trifft. Und es fordert uns heraus, nicht nur als Eltern, sondern auch als Menschen.: Wer bin ich jenseits der Mutterrolle?
Veränderung zulassen- und wachsen
Ich merke, wie unterschiedlich mein Mann und ich diesen Prozess erleben. Er ist ruhiger, beobachtender. Ich bin emotionaler. Vielleicht ist das typisch. Vielleicht auch nicht. Was zählt ist, dass wir darüber sprechen, einander Raum lassen, gemeinsam neu sortieren.
Denn wenn die Kinder flügge werden, öffnet sich auch für uns Eltern ein neuer Raum. Für Fragen, für Gespräche, für eigene Träume. Für die Partnerschaft. Für die Dinge, die vielleicht zu kurz kamen. Und für eine neue Form der Beziehung zu unseren Kindern- ehrlicher, gleichwertiger, oft überraschend schön.
Was bleibt, ist die Liebe
Ich lerne gerade: Loslassen heißt nicht, weniger zu lieben. Es heißt, anders zu lieben. Reifer, freier, mit Vertrauen im Herzen. Unsere Tochter wird ihren Weg gehen. Und wir gehen unseren.
Und irgendwo dazwischen- bleiben wir verbunden.
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